Besondere Tisch–Ereignisse
15:01 Uhr
"weird" - ein kleines Wort verändert den US-Wahlkampf
Die olympischen Sommerspiele in Paris, hier zum Glück unkommentiert, sind vorbei.
Gefolgt von ein paar Hundstagen in Düsseldorf, Hitzespitze - da sollte man sich ganz ruhig verhalten, nur im Kopf bewegen. Dran gehalten:
Kamala Harris ersetzt Joe Biden als US-Präsidentschaftskandidatin der Demokraten, holt sich Minnesota Gov. Tim Walz als Überraschungs-Running-Mate an die Seite. Was macht der als erstes? Markiert Donald Trump und dessen Running Mate Ohio Sen. JD Vance als “weird.” Und macht damit einen Riesenpunkt: Wer so bezeichnet wird, fühlt sich weit mehr als gepiekt - auch weil die Bedeutung so vielschichtig, schillernd und so bissig ist.
"Democrats are applying the label with gusto in interviews and online. The “weird” message appears to have given Democrats a narrative advantage that they rarely had when President Joe Biden was still running for reelection. And then, at her first fundraiser since becoming the Democrats’ White House nominee, Harris used the characterization herself, calling out some of Trump’s “wild lies about my record and some of what he and his running mate are saying, is just plain weird. I mean that’s the box you put that in, right?” she added." (AP)
Schnellgang: weird im täglichen Sprachgebrauch: ziemlich eigenartig, etwas wirr im Kopf, verrückt i. S. von bizarr, eigenartig.
Langversion: Tatsächlich hängt auch hier sozusagen alles mit allem zusammmen. Das altenglische wyrd = fate, Schicksal ist verwandt einerseits mit dem lateinischen vertere/drehen, andererseits über 'weorben' mit dem deutschen werden. Lange war das Wort 'verschwunden', ausser im Schottischen - bis Shakespeare Anfang 1600 das Wort im in Schottland spielenden "Macbeth" hochholte: 1. Akt, III. Szene, Vers 32: The weird sisters, je nach Übersetzung die drei "Unheilschwestern" oder die "drei Schicksals-Hexen", in der damals antik gebildeten Zeit anknüpfend an Schicksalsgöttinnen-Beispiele einerseits aus der griechischen (die 3 Moiren) und römischen (die 3 Parzen) Sagenwelt, andererseits aus der nordischen Mythologie (die 3 Nornen). Aus dieser eher unheimlichen Bedeutung ging es später über in "supernatural" (Edgar A. Poe) und strange, odd, unusual, oder auch umschrieben als eerie, also unheimlich, schaurig, hair raising. Das Pocket Oxford Dictionary von 1924 umschreibt es mit 1) unearthy, nicht von dieser Welt, und supernatural, 2) colloquial als queer (!), incomprehensible. In Texas fand sich's um 1950 in einer 'Support Texas Music'-Reklame für eine Countrymusic-Veranstaltung als "Keep Austin weird", musikverrückt.
Bis es heute, s.o., nicht mehr unheilvoll, sondern als arg schräg im Kopf daherkommt und deshalb Trump und Vance so auf dem falschen Fuß erwischt hat, dass sie nur beleidigt sprachlos waren.
Wäre nicht die Übertragung vom Countrymusic-Beispiel auf Trumps MAGA schön:
MAWA Make America Weird Again
Schauen wir noch auf eine Substantivbildung in den USA in den 1950-ern: Weirdo.
A weirdo is a person who behaves in ways that are considered odd or unconventional. Weirdo is very informal. Used negatively as an insult and positively as a compliment, depending on how you feel about someone else’s weird behavior.
Much less commonly, weirdo can be used as an informal term for a person considered a dangerous psychopath. Womit wir wohl wieder beim MAGA-Erfinder wären...