Besondere Tisch–Ereignisse

Weihnachtsgeschichte 3.0
24.12.2023
23:59 Uhr

Weihnachtsgeschichte 3.0

                     Weihnachtsgeschichte 3.0

als Variation in g-moll der dur-Weihnachtsgeschichten 1.0 vom 24.12.0000 - also in der Logischen Sekunde zwischen v.Chr. und n.Chr. - und 2.0 vom - weiter nach unten gescrollt - 24.12.2020.

 

Weihnachtsgrüße Whatsappen am Tische hin und auch her,

Bei Gerd kommt gar 'ne ganze Kapelle daher:

Das Büdericher Goldengel-Orchester,

Am Flügel Erzengel Gabriels Schwester.

 

'S klingt der Engel Hall-e-e-juha:

"Frieden auf Erden

Soll es nun werden,

Ganz zum Wohlgefallen

Euch Wirtschaftsjonges allen:

FROHE  WEIHNACHTEN !!"

 

 

"Frohe Weihnachten"?? "Friede auf Erden"??

zweifelt ein unbekannter Reimer. Kriege, weiß er natürlich, gab es zu Weihnachten immer irgendwo, aber doch nicht am Heiligen Abend im Heiligen Land grad um die Ecke vom Stall zu Bethlehem. Und macht sich seinen eigenen Reim darauf mit diesem kontemporären Zitaten-Medley aus wohlbekannten weihnachtlichen Texten:

 

Heiligabend 3.0

Hochoben schwebt schluchzend

Der Engelein Chor.

Wer könnte nicht heulen,

Was geht da nur vor?

Wäre es wohl in Bethlehems Stall

Heuer genauso wie damals der Fall?

 

Ach seht, was in dieser Hochheiligen Nacht

Religionswahn auf Erden an Leid hier gebracht.

Da liegt nicht das Kindlein auf Heu und auf Stroh,

Maria und Joseph sind schon längst anderswo.

 

Allüberall unter Palmenspitzen

Sieht man Handgranaten blitzen.

Und von oben aus dem Himmelstor

Schaut erschütterten Auges das Christkind hervor:

"Was habt ihr in dieser Hochheiligen Nacht

In meiner Heimat dort Böses vollbracht!

'Auge um Auge, Zahn um Zahn' -

Hatt' ich nicht befreit Euch von solchem Wahn?

Sollte nicht längst schon werden

Himmlischer Frieden auch auf Erden?

Und den Menschen allen

Ein Wohlgefallen?

Ward ich nicht dafür in Heiliger Nacht

Als Gottes Sohn zum Menschen gemacht?"

 

Drei Könige aus den Morgenländ

Man heuer hier nicht fänd.

Myrrhe, Weihrauch und so fort

Kämen nicht an diesen Ort.

Viel Raketen, ja, und Drohnen,

Der Lärm von Panzern und Kanonen.

 

Kein Schweifstern, keine Himmlischen Heere

- als wenn die Heilige Nacht nie gewesen wäre.

Am Firmament kein einziger Engel.

Ja, wo fliegen sie denn, die geflügelten Bengel?

 

Bergpredigts "Linke Wange rechte Wange"

Will keiner hier hören. Und das schon lange.

Statt von Hirten, Schalmeien und Fiedlern

Hören wir von marodierenden Siedlern:

Ochs und Esel haben sie längst vertrieben,

Olivenbäume sind nur wen'ge geblieben.

 

"Vater, was nur war der Grund dafür,

Dass Du vor langen Zeiten hier

Drei gleiche Religionen geschaffen,

Die statt in Liebe sich treffen mit Waffen?

Unschuldige Menschen tausendfach meuchelnd,

Dabei eine jede "pro meo deo" heuchelnd."

Ob "Jehud", "Gottvater" oder "Allah",

Ist uns doch wohl allen klar:

Ob "Gott" oder "Gott" oder "Gott", ich meine:

In jeder Sprache ist's stets nur der Eine.

 

Stille Nacht, Heilige Nacht,

Menschheit nun aufgewacht!

Damit uns nicht bald im Erdenrunde

Schlägt die Allerletzte Stunde!

 

In diesem Sinne ganz ohne Rute

Euch für 2024 Alles Gute!!

                                     (Ne Reimer)

 

 

 

Nachtrag v. 16.01.2024 zu oben "Allüberall unter Palmenspitzen Sieht man Handgranaten blitzen":

Und nicht nur die, sondern, viel wirkungsvoller, blitzen demnächst bereits im November angefragte, nun von der Bundesregierung offenbar zur Lieferung vorgesehene "10.000 Schuss 120-Millimeter-Präzisions-Panzermunition aus Beständen der Bundeswehr" (Der SPIEGEL/ARD-Internet 16.01.2024, FAZ 18.01.2024, S.1). Ne Reimer, militärisch Ne Laie kann sich darauf keinen rechten Reim machen:

Bei der Bundeswehr im Leopard2 in erster Linie zum Beschuss mobiler gepanzerter Ziele vorgesehen, aber hier? Himmlische Heere, gepanzert zur Ehre? "400 einsatzbereite, für Häuserkampf geeignete Merkava Panzer kann die israelische Armee aktuell aufmarschieren lassen" (Merkur 07.11.2023). 10.000 Schuss oder 25 Schuss pro Panzer, ist das eher viel oder wenig? Und sei die Bundeswehr nicht "blank", habe kein Arsenal, sich selbst zu verteidigen? Und ganz leise gefragt: Warum eigentlich werden diese BW-Restbestände nicht sinnvoller aus den in die Ukraine gelieferten Leopard2 auf russische gepanzerte Ziele verschossen statt Häuserzeilen zu perforieren? 

 

Die Experten wissen darauf sicher die auch politisch korrekten Antworten. Subsumieren wir für hier diesen für den Laien enigmatischen Vorgang also unter praktisch gelebter "Teil der Staatsraison". Wie bitte?

 

Ach ja, fragen wir uns doch schon 'ne Weile: Was ist das eigentlich, Staatsraison? Lektüre dazu gibt es en masse, dafür reichen hier weder Platz noch Zeit - noch Lust. Ein kurzer begrifflicher Streifzug ohne jeden Anspruch auf auch nur teilweise Vollständigkeit:

 

Der Terminus der Staatsraison, raison d’état, beschreibe eine politische Klugheitslehre, eine Strategie des prudenter loco et tempore, klug nach Ort und Zeit. Na ja.

 

Das Lexikon der Politik definiert: "grundsätzliches Orientierungs- und Handlungsprinzip, welches die Erhaltung des Staates bzw. der staatlichen Autorität und/oder sogar deren Steigerung zur entscheidenden politischen Maxime erklärt". Das hilft bei der Suche nach der aktueller Begriffsdeutung ebensowenig weiter wie das Wörterbuch zur Politik mit diesen drei verschiedenen Definitionen der Staatsräson:

  • Als erste: Staatsräson als „Vorrang der Staatsinteressen vor allen anderen Interessen“
  • Als zweite: Staatsräson als „Staatsnotwendigkeit, im Gegensatz zur individuellen Vernunft und Notwendigkeit“.
  • Als dritte: Staatsraison als „Grundsatz, dem zufolge oberster Maßstab staatlichen Handelns die Wahrung und Vermehrung des Nutzens des Staates ist, auch unter Inkaufnahme der Verletzung von Moral- und Rechtsvorschriften“.

Nummer 2 könnte im Kontext hier passen.

 

Hilft uns H. Münkler, "Staatsräson ist als eine politisch historische Konkretisierung des epochenübergreifenden Problems, wie Macht und Recht, Zweck und Mittel, Ziel und Weg zusammenzudenken sind"? Nicht wirklich.

 

Also zurück zu Machiavelli, dem, wenn auch oft bestritten, die erste Begriffsfindung in seinem Buch "Il Principe" zugeschrieben wird: Der Fürst soll "tugendhaft handeln, wo dies möglich ist, aber auch das Böse tun, wenn es sein muss". Na gut, aber so hatte A. Merkels Redenschreiber es wohl kaum gemeint?

 

Joseph von Eichendorff spricht von einem "Schachspiel verhüllter Intentionen, das in der Politik an die Stelle der christlichen Moral“ getreten sei. Schon näher, weil hinreichend vage.

 

Erklärt es uns Henry Kissingers (s. nächsten Beitrag/Lektüretip) praktische Ausfüllung des Begriffs mit seiner für die US-Regierung entwickelten Realpolitik, die die Interessen des Staates [USA] über Werte stellte und Verbündete nicht nach ihrer Menschenrechtsbilanz beurteilte? Oben Definitionen 1 und 3 liegen auf der Linie, aber mit den US-Engagements etwa in Vietnam, Persien, Mudschaheddin in Afganistan, Irak, Südamerikas Bananenrepubliken ... will sich Deutschlands Staatsraison wohl nicht vergleichen lassen. Oder vielleicht doch ein wenig nach dem Motto "egal was passiert, wir unterstützen es"?

 

Also? Tja, weiß nicht... Hin und her gewendet, erscheint die treffende Erklärung darin zu liegen, dass der Redenschreiber ein plakatives Wort ohne tieferes Nachdenken formuliert - und die Vortragende das nicht kritisch hinterfragt hat. Oder der Redenschreiber raison d'etat mit raison d'etre verwechselt hat?

 

Hiermit wird das ausschlaggebende Motiv, die deutsche millionenhafte Ermordung, selbstverständlich nicht zur Seite gedrängt, sondern nur die Frage gestellt wird, warum man unsere unauslöschliche Verantwortung mit dem diffusen Begriff der Staatsraison bzw. "Teil der Staatsraison" (A. Merkel) verbinden muss. Deutschland hat dafür nach dem Krieg die volle Verantwortung übernommen, die Garantie des Existenzrechts Israels in den ursprünglichen Grenzen auch mit der Lieferung von U-Booten, Panzern eingeschlossen (Adenauer).

 

Nen Reimer jedenfalls lässt das alles grübelnd zurück.

 

 

 

 

 

 

 

 

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