Besondere Tisch–Ereignisse

"Der Oper neue Kleider", 5. Akt "Abgesang?" Oder doch Tonhallenstraße?
15.06.2023
17:43 Uhr

"Der Oper neue Kleider", 5. Akt "Abgesang?" Oder doch Tonhallenstraße?

Fortsetzung vom 23.06.2022 und - wer weiß - sogar Schluss, wenn auch mit Ergänzungen zum Fortgang.

 

"Die Grünen, in Regierungskoalition mit der OB-CDU stimmen nun gegen den Opern-Neubau. Die Partei will keine neue Oper für Düsseldorf mehr planen, denn 1,6 bis 2 Milliarden Euro für den Bau inkl. Finanzierungskosten sind zuviel." (RheinPost). Die SPD wittert Morgenluft, bietet dem OB einen Kuhhandel, einen "Deal": Ja zum Standort, dafür 8.000 neue Wohnungen in städtischer Regie bis 2030. Der OB (CDU), verlegen, sein Opernprojekt zu retten, schluckt den vergifteten SPD-Hintertürchen-Köder: "Aber wir bauen eine Oper und keine Gold-Oper" (SPD-Co-Fraktionschef M. Raub). Konkret laut einem Insider heißt das "max. 300 Mio Euro für alles" fest, "sonst wird die SPD alle weiteren Beschlüsse zur Oper ablehnen". Bis zu einem Drittel davon dürfte in etwa allein die normgerechte Bühnentechnik (IEC 61508 bzw. DIN 56950) plus Brandschutz kosten, wie man aus anderen Opernhäusern erfahren könnte - aber wer will denn solche Details wissen. Wichtiger ist eine "Oper für alle mit Aussicht von der Dachterrasse", wie die RheinPost am 31.05.2023 mit vier Drohnen-Fotos in die vier Himmelsrichtungen illustriert. Unsere Stadt ist überaus liebenswert, gewiss, aber ebenso gewiss nicht wegen ihrer Silhouette - um sie so zu preisen wie der RP-Lokalchef, muss man von der Welt und ihren Plätzen von "Weltniveau" so gut wie nichts gesehen haben.

Und so wird der Standort Heinrich-Heine-Allee im Stadtrat am 15. Juni 2023 beschlossen.

 

Bilbao, Valencia, Oslo, Kopenhagen, Arles - sie alle bieten echte Ansichts-, Anziehungspunkte aus Drohnenhöhen, sind wirkliche "Leuchttürme globaler Klasse" für internationales Tourismusinteresse, große Würfe. Realisieren den Bilbao-Effekt. Bei uns wird eher 'Der Oper neue Kleider' (frei nach H.Chr. Andersen) aufgeführt, weiterhin orientiert an der die potentiellen Kunden-Generationen ab 2050 kaum interessierenden eklektizistischen, opulenten Ausstattungsoper.

 

Räumen wir am Ende dieser von Verdi'schem Dur zu Wagner'schem Moll eilenden 'Oper' in 5 Akten also mit der RheinPost v. 14.06.2023 ein: Die SPD ist Sieger im Opernstreit" mit einem Opernhaus im schlichten Zweckbau-Kleid und zurück zu den Kulissenschiebern von anno dunnemal statt moderner Bühnentechnik. Oder gar gemäß genanntem SPD-Stadtrat-Insider ("Ich brauche eigentlich gar keine Oper" - q.e.d.!) ganz ohne eine solche.

 

Schade, Langfrist-Verlierer sind Düsseldorf und seine Bürger!

 

Das klang in Norwegen bei der hier lange als Vorbild genannten Oper Oslo ganz anders, frohlockend: "Die norwegische Kulturszene erwartet von der neuen Oper in Oslo den größten kulturellen Impuls seit dem Bau des Nidarosdoms in Trondheim im Mittelalter" (1152). Und wir?

 

So endet also die 2019 vom OB strahlend hell auf den Weg gebrachte Oper im den Welttourismus anziehenden Leuchtturmformat über ein eklektizistisches Zwischenstadium nun 2023 beim Kleinstkaro verzagter stadtbaupolitisch-kleinbürgerlicher Stadtrat-Ignoranten - resümiert

Lit

 

 

Und Lit, unzufrieden und verkleidet als Oper-Don Quijote, kämpft noch einen letzten Kampf mit den Windmühlenflügeln namens 'Neue Oper' - Leserbrief, sicher ohne Druckchance.

Leserbrief an die Rheinische Post zur „Neuen Oper“, 17.06.2023                                          

"Die norwegische Kulturszene erwartet von der neuen Oper in Oslo den größten kulturellen Impuls seit dem Bau des Nidarosdoms in Trondheim im Mittelalter (1152)“. So feierte Norwegen den Beschluss zum Bau der neuen Oper in Oslo – noch 2020 bei uns das große Opern-Vorbild.

Und wir? 3 Jahre später beschließt der Rat missmutig zähneknirschend „Wenn wirklich nötig, dann nen simplen Zweckbau zu max. 300 Mio. Euro für alles“, wie ein SPD-Stadtverordneter das Polit-Sprech „Wir wollen eine Oper, aber keine Goldoper“ (SPD-Fraktionsvize Raub) übersetzt – in Ignoranz, dass allein moderne Bühnentechnik und aktueller Brandschutz ein knappes Drittel davon ‚verzehren‘ würde (man frage in Oslo oder Köln nach).

"Die SPD ist Sieger im Opernstreit“ schrieb RP-Ruhnau – ja, im Wettstreit ums Blecherne Kleinstkaro. Und der Verlierer? Nein, keine der Parteien, sondern

                          The Loser is - Düsseldorf, sind wir alle, seine Bürger.

Dahin die mit dem „Leuchtturm von Weltformat“ (OB Keller 2020) verknüpfbare Jahrhundertchance eines Stadtentwicklungsimpulses mit großem international-touristischen Potential (‚Bilbao-Effekt‘). Ein Zweckbau von < 300 Mio. „für alles“ bietet das jedenfalls nicht – und die im Anspruch „Oper für alle“ etwas lächerlich geratende „Oper mit Aussicht“ (RP-Ruhnau) über unsere ja nicht gar so spektakuläre ‚Skyline‘ auch nicht.

Maach nix, Haupsach m’r sein onner ons – för dat Internationale han m’r schleeßlich der KÖ!

 

Und so schließen wir am Ende mit dem Chor in Verdis „Nabucco“ “ (Akt 3, Szene 5):                                   

"Wer weint? Wer giebt durch laute Klagelieder
Dem Stadtrat weibisch sein Verzagen kund?
Der Zukunft Dunkel ist vor uns gelichtet ...                                                   

Zerbrochen wird das Joch der elitären Kunst,
Ertönen wird nur noch der Tauben Gurren                                                                    

Im Hofpark auf erhaltnen Bäumen.

Nur ein Stein wird verkünden der Nachwelt,
Dass ein Opernhaus einst hier stand
.
"

Uwe Stiebale, Düsseldorf

 

Die Realisierung wird zunehmend utopischer: Rhein.Post 04.03.2024, S. C1:

Der Schuldenberg der Stadt wird in den kommenden Jahren deutlich anwachsen. 2025 wird die symbolhafte Grenze von 1 Mrd. Euro gesprengt. ... Das wird die Stadt ("Wir waren von den sehr niedrigen Zinsen verwöhnt" - ein Politikersatz aus Dummsdorf) auch wegen der mit dem Schuldenberg wachsenden Zinsen zu spüren bekommen. Dreistellige Zins-Millionenbeträge pro Jahr ab 2026 - und wohlgemerkt: Die Tilgung ist bei alledem noch nicht berücksichtigt (Kämmerin). "Die Grenzen der finanziellen Leistungsfähigkeit sind erreicht", sagt OB Keller. Und noch etwas beinhalten die genannten Summen nicht, neben anderen Großprojekten die neue Oper. Allein für den Kulturbau wären über einen Zeitraum von 40 Jahren wohl knapp 600 Millionen Euro Zinsen zu zahlen, pro Jahr im Schnitt mehr als 14 Millionen Euro. Kämmerin: "Und wenn für die Oper Mittel hinein in die Zukunft gebunden werden, will das wohlabgewogen sein. Diese Mittel können wir nicht für Anderes [gemeint: Wichtigeres?] ausgeben."

 

Einige Zeit später stellen die Stadtrat-Linken eine von ihnen in Auftrag gegebene Meinungsumfrage  (klassisches Panel etwas über 1.000 Befragte) vor: Eine deutliche Mehrheit gegen eine neue Oper. Schlußfolgerung: Abblasen.

 

Und am 8. Mai 2024 lesen wir in der RheinPost "Entscheidung zur Oper wird verschoben". Die SPD als Mehrheitsbeschafferin für die CDU konstatiert Neubaukosten "in Milliardenhöhe" - hatten wir hier längst, siehe zuvor. Zudem soll der Rat noch einmal entscheiden dürfen, wenn im nächsten Jahr die Siegerentwürfe der Architekten vorliegen. Na sowas!

Auch das unsägliche Politikerwort, "wie die Oper für die Stadtgesellschaft geöffnet werden kann" taucht wieder auf - bis heute weiß niemand, auch nach der Bürgereinschaltung, wie sich das konkretisieren soll, über die schwachbrüstigen Vorgaben 'nen Café muss sein und ganztägliche Besuchbarkeit hinaus (wer braucht denn so was? Und kommen deshalb auswärtige Besucher in Millionenscharen?). Die Grünen-Stadtchefin weint inzwischen dem großen Wurf eines Neubaus im Hafen nach - wie von Lit bei Besonderen Ereignissen v. 29.07.2021 skizziert: "einen großen Wurf im Hafengebiet als neuer urbaner Düsseldorfer Stadtteil „Schöne Künste“, dessen Mittelpunkt ein spektakulär gebauter, ans Rheinufer als weithin 360 °-sichtbarer ‚Leuchtturm‘ plazierter „Rheinpalais der Schönen Künste“. Inzwischen sind die Grünen ganz und gar gegen ein Neubauprojekt an der Heinrich-Heine-Allee. Ihre Chancen stehen gut, denn die SPD-Festlegung liest sich wie ein verstecktes 'ja, aber und doch eher nein': "Uns geht es darum, dass nicht nur die Oper, sondern alle drei Prozesse - also Oper, städtische Wohnungsbauoffensive und Bürgerhäuser in den Stadtteilen - mit der gleichen Geschwindigkeit und Dringlichkeit [sic![] vorangetrieben werden". Fehlte nur noch der Zusatz 'wie bisher'!

 

ÜBERRASCHUNG: OB Keller verkündet am 25. Juni 2024, er habe mit CDU-, SPD- und FDP-Spitzen im Grundsatz beschlossen, den Standort an der Stelle der jetzigen Oper an der Heinrich-Heine-Allee kurzerhand (4 Tage vor dem für den 27. Juni angesetzten Ratsbeschluss pro H.-H.Allee) aufzugeben. Stattdessen soll die neue Oper nun anstelle des dafür abzureißenden, fallierten Kaufhofs am Wehrhahn/Tonhallenstraße als "Haus der Musik für alle Generationen" entstehen. Woher der Sinneswandel? "Möglich ist diese neue Konstellation, weil einerseits die Stadt Bedarf an einem zentral gelegenen Grundstück für eine Oper hat und andererseits der Insovenzverwalter des Kaufhof-Eigners mit dem Areal am Wehrhahn dafür eine Immobilie zur Verfügung hat. Ausserdem eröffnen sich kostensparende Synergien. Und wir gehen als Stadtspitze und Parteien der heißen Diskussion über die Fällung von xx alten Weyhe-Bäumen im Hofgarten aus dem Wege, für die von allen möglichen Gruppen und Grüppchen schon viel Widerstand angekündigt wurde.", so der OB. "Das ist ein guter Tag für den Hofgarten" titelt die RheinPost auf der Lokalseite. 9.000 qm und damit fast doppelt so viele wie am Hofgarten sind zu haben, für ca. 140 Mio. € Grundstückserwerb, wie die RheinPost weiß. Dies ist nun anstatt Alte Oper/Neue Oper am 27. Juni im Rat zu beschließen, da die Exklusivitätsvereinbarung Stadt/Insolvenzverwalter nur bis Ende Juni gilt. Der CDU-Vorsitzende spricht von einer "neuen Kooperation der Vernunft", der neu aufgelegten Düsseldorf-Koalition der Großprojekte der letzten Jahrzehnte, die SPD preist ihren Zusatzgewinn (Wohnprojekte), die FDP-Spitze hebt hervor, dass "die Vorstellung, die Düsseldorfer Oper müsse wegen technischer Mängel schließen, ein Unding ist." Und die Grünen, eigentlich - s.o. - Koalitionspartner der CDU, sitzen mit ihrer Ablehnung jeglicher Opernpläne zwischen allen Stühlen, erstmal. Denn so wenig, wie es ernsthafte Ausführungspläne zu Bau und innerer Gestaltung sowie detaillierte Vorstellungen zu 'Oper für alle' gibt, so wenig weiß man derzeit, was der Bau insgesamt kosten wird. Und die Linke bleibt bei ihrem Vorhaben eines Bürgerentscheids 2025, der das Ganze kippen soll.

Zügig, noch am Abend des 24., räumen wir Jonges die bisherige Vereinsposition pro H.-H.-Allee, wie die RheinPost informiert: "Die Jonges begrüßen die Entscheidung, teilt Baas Wolfgang Rolshoven mit, denn der Hofgarten bleibt unangetastet, das Provisorium entfällt, und es gibt eine Chance für das Fotoinstitut am Standort der alten Oper." Na bitte. (Und leise fragend: Warum nicht gleich gegen Standort H.-H.-A.?)

 

 

Und auch wenn mich keiner fragt, meine Schätzung 'sehr deutlich über der Milliarde' halte ich auch hierzu aufrecht. Und das, obwohl doch diese Lösung so weit weg sein wird vom ursprünglichen Anspruch eines international Aufsehen erregenden Leuchtturms mit Bilbao-Effekt für die Stadtentwicklung.

 

Die RheinPost trägt nach dem Kauf des Areals am 10.07.2024 nach: "Die als marode geltende Oper muss jetzt noch zehn Jahre durchhalten, den Betrieb im bisherigen Gebäude aufrechterhalten. Wieviel Geld dafür benötigt werde, lasse sich wohl erst am Ende dieses Jahres nach eingehenden Untersuchungen sagen. Mit dem (teilweisen) Austausch der Bestuhlung geht's los, bei der man sich die beim Opernbesuch gerne etwas edlere Bekleidung aufreißen kann; neue Pflasterung im Eingangsbereich statt jetziger Stolperfallen. Und dann wird's teuer: die veraltete Medien- und vor allem Bühnentechnik, provisorisches Abstützen des Foyerdachs, die uralte Heizung, die alten Technikbühnen mit verminderter Traglast... Der 2017 genehmigte Kostenrahmen von 18 Millionen Euro langt längst nicht mehr - die Opernleitung schätzt eher das Doppelte. ... "

Auch dabei wird es, kann man getrost annehmen, nicht bleiben. Egal, Hauptsache, die Bäume im Hofgarten werden nicht in Mitleidenschaft gezogen, gar gefällt.

 

Eher was  für's Schauspiel, dies Trauerspiel: Shakespeare's "Love's Labour's Lost" etwa, vergebene Liebesmüh', denn so recht will dem Kommentator keine Oper, keine Arie dazu einfallen. Singen wir halt stattdessen wie  Bonnie Tyler:

… It's a headache
Nothing but a headache (oh, yeah)
Hits you when it's too late
Hits you when you're down
… It's a fool's game
Nothing but a fool's game
Something like a brain drain
Feeling like a clown
… It's a headache
Nothing but a headache
You argue until your head breaks
Then you're really down.
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