Besondere Tisch–Ereignisse

Ein Dealer an unserem Tisch: Unser Tischfreund Jürgen W. im TOR Sept.2020
13.09.2020
15:35 Uhr

Ein Dealer an unserem Tisch: Unser Tischfreund Jürgen W. im TOR Sept.2020

                    Wer hätte das gedacht? Ein Dealer! Strafrechtsrelevant! 

 

                                        (2008, Rolly-Archiv)

                                        

"PORTRÄTdas tor 09 | 2020, S. 15

DER ANWALT, DER MIT DEM BUSBÜRO KOMMT

Prof. Dr. Jürgen Wessing hat einen Namen unter den deutschen Strafverteidigern

Am klassischen Outfit von Anwälten, die auf ihr Äußeres bedacht sind, hat sich über die Jahre wenig verändert: Business-Anzug, weißes Hemd, Krawatte. Weibliche Pendants sehen auf werbenden Fotos ähnlich gestylt aus. Quasi folgerichtig finden sich im Netz unter „Wessing und Partner“ die Konterfeis von 13 AnwältInnen in beschriebener Bekleidung. Der 14. in diesem Bunde jedoch sieht anders aus. Kein Jackett, dafür weißes Hemd, Krawatte, stylische rotfarbene Hosenträger. Auf dem Bild zu sehen ist Prof. Dr. Jürgen Wessing, Kopf und Gründungsvater dieser Kanzlei mit Sitz am Mannesmannufer und Lehrender an der Heine-Uni. Er gilt als einer der besten Strafverteidiger Deutschlands. Ein „strategic thinker“, wie es in dem europäischen Anwaltsführer „Chambers Europe“ heißt. Hosenträger gelten als Accessoire für Männer, die einen eigenen Look beschreiben. Wenn man den Begriff Look weit fasst, kann man bei dem 70 Jahre alten Juristen Merkmale finden. Einen Anwalt, der seine Klienten im Nahbereich (bis 300 km) mit einem zum Büro umfunktionierten VW-Bus besucht, findet man nicht an jeder Straßenecke. Einen     Rechtsbeistand, der sich selbst als „Dealer“ bezeichnet, auch nicht. Eben das macht die 45 Köpfe zählende Wessing-Company aus: Sie hat es im „Dealen“ mit der Staatsanwaltschaft zur Meisterschaft gebracht. „Wir wollen Prozesse möglichst vermeiden“, sagt der Senior-Jurist. Viel Phantasie braucht man nicht, um festzustellen, dass viele Menschen alles daransetzen, um ihr Image nicht durch einen öffentlichen Prozess zu gefährden.Wenn man so will, hat Wessing (auch) von dem ehemaligen NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans profitiert. Denn immer dann, wenn der eine CD mit den Namen von vermeintlichen Steuersündern gekauft hatte, schnellten die Selbstanzeigen in die Höhe. Da ist Wessing beratend und begleitend zur Stelle. Um das Management der Kanzlei hat sich sehr            erfolgreich über lange Jahre Ehefrau Helga Wessing gekümmert. Sie hat ein Doppelstudium absolviert: Jura und Medizin. Promoviert wurde sie als Medizinerin. Gewalt- und Sexualstraftäter werden grundsätzlich nicht vertreten. Neue Mitarbeiter lernen sehr schnell, dass Dobby Jagdhund (Podenco) dem Chef immerwährend zur Seite steht. Sogar wenn nach dem Aufstehen geschwommen und gehantelt wird. Und sie nehmen überrascht Kenntnis davon, dass Wessing zu Geburtstagen gerne feine Sakkos verschenkt. Da sind wir wieder beim Psychogramm eines Hosenträgers: Dass der Vorzeigejurist, der große Nöte hatte, um gegen den autoritären Vater zu bestehen, 20 Semester bis zum Examen brauchte, passt irgendwie. Das Studentenleben war ja mal fröhlich. Und dass Wessing während der Referendarzeit Diskusfische züchtete und gewinnbringend verkaufte, überrascht auch nicht mehr."

Neben seiner Vermutung, in Deutschland wohl der einzige Jura-Professor mit 20 Semestern Jura-Studienzeit zu sein, ist bezeichnend für Jürgen auch seine Schilderung der beruflichen Trennung vom erfolgreich zivil-/gesellschaftsrechtlich verorteten Vater, der seinen Sohn mit der Strafrechtswahl in das eher ärmliche Schicksal des Strafverteidigers im untersten Einkommensdrittel deutscher Anwälte absinken sah. Gespür, Voraussicht, dass mit der stetig steigenden gesetzlichen Einengung unternehmerischer Tätigkeit Managerdasein auch das bekannte 'mit einem Bein im Gefängnis' einschließen könnte, führten zu der Antwort: "Vater, Du wirst noch sehen, eines Tages kommen mehr Vorstände und Geschäftsführer in meine Kanzlei als in Deine!"

Auch wir Tischfreunde kommen gern in seine Kanzlei - allerdings zum Glück nicht wegen Steuer-CDs oder strafbedrohter Managerentscheidungen, sondern zum gastfreundlichen Begehen des jährlichen Japantag-Feuerwerks direkt gegenüber der Kanzlei.

Chapeau!

grüßt Lit

 

                                                 (11/2012, 'Laterne'-Treff)

                                                     'Könnt ich ein Wässerchen trüben??'

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